„Toll, wie Sie das schaffen“ – Ach, ist es das wirklich?

Führungskraft und Mutter – wie schwierig ist es wirklich? Und geht das überhaupt?
Ich arbeite Vollzeit als Lead in einem recht jungen Unternehmen, was übersetzt heißt: ich arbeite immer. Geheiratet habe ich kurz vor meiner Karriere, quasi zu Beginn der steilen, beruflichen Entwicklung. Mein Mann arbeitet auch, wir haben uns kennengelernt, als ich 25 war. Ehrlicherweise haben wir früher darüber gescherzt, ob er bereit wäre, Hausmann zu werden. Wenn es irgendwann mit meiner Karriere bergauf gehen sollte, scherzten wir, ich sei ja nunmal die mit dem Studium.

 

Mein Mann arbeitete schon damals lange in seinem Bereich, war schon sehr weit oben angekommen. Zu dem Hausmann wurde er allerdings nie. Das erste und zweite Kind kamen recht schnell hintereinander, nach ca. 3 Jahren war ich wieder im Job. Ich fing an zu arbeiten, mein Mann nahm noch einige Monate Elternzeit bei unserer Tochter. Jetzt arbeiten wir beide wieder Vollzeit, meine Mutter hilft bei kleineren Dingen, wie das Abholen von der Kita.

Ob ich es so geplant habe? Nein. Ich dachte immer, arbeiten ist toll, aber Kindererziehung, diese Zeit, die Kleinen aufwachsen zu sehen, das ist viel wichtiger. Aber irgendwie kam es nicht dazu. Ich mochte meinen Job und freute mich, zurück zu kommen. Und in dieser Zeit hörte eine Kollegin auf, also übernahm ich ihre Position. So fing es an. Jetzt halte ich die disziplinarische Leitung von über 30 Mitarbeitern. Und das ist mein Leben, genauso wie es meine Familie ist.

Klar, ich arbeite viel. Ich versuche aber zuhause das Handy wegzulegen. Ob mein Mann viel arbeitet? Klar, aber ich habe das Gefühl, ich belastet es weniger. Ich hetze viel umher, versuche alles zu schaffen. Leider habe ich trotz meiner Liebe zur Arbeit immerzu ein schlechtes Gewissen gegenüber meiner Kinder. Oder eher gegenüber mir? Weil ich es mir alles anders vorgestellt hatte? Ich weiß es nicht. Jedenfalls scheint das alles irgendwie zu klappen.

Seltsam wird es für mich nur, wenn jemand auf der Arbeit von den Lütten weiß und überrascht sagt: „Wow, und wie schaffen sie das alles?“. Denn dann weiß ich nicht, was ich antworten soll. Schaffe ich das alles wirklich?

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