Kolumne – Ach Du Schande, jetzt weiß ich, was die mit Midlife-Crisis meinen

Ich möchte mich heute unbedingt mal bei meiner lieben Omi Käthe (ich hoffe, du liest da oben meinen Blog) und meiner Mami bedanken, dass sie mir ihrerseits tolle Gene geschenkt haben. Bereits als Teenager hatte ich weder mit der Haut noch mit Gewichtsproblemen zu kämpfen. Pickel kenne ich eigentlich nicht und ich habe ein schönes gleichmäßiges Hautbild. Hatte ich jedenfalls, denn heute Morgen schaute ich in den Spiegel und befand, dass mein Dekolleté irgendwie anders ausschaut. Auch wenn der oder die ein, oder andere an dieser Stelle sagt, spinn nicht, glaube ich trotzdem, dass der Schein nicht trügt. Jetzt könnte man sagen, Carina, selbst Schuld. Du suchst die Sonne, wie die Motten das Licht. Jaa ich weiß, aber ich glaube der blöde Faktor Zeit gehört eben auch zu der Gleichung. Ich merke mehr und mehr, dass dieser „Faktor“ – ich mochte Algebra noch nie, sich immer häufiger zeigt. Mir tun die Knochen nach einer Stunde auf dem Laufband weh, die Augen funktionieren auch nur noch bedingt und verlangen nach einer Lesehilfe, die Haare werden grau…..großes Glück, dass ich blond bin, da sieht man sie nicht so sehr und am schlimmsten sind die Mundwinkel die anfangen der Erdanziehung zu folgen. Das ist alles keine existentielle Katastrophe, aber ich werde immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass dieses wunderschöne Leben endlich ist.

Eine Freundin beschrieb es gestern so: Wir sind bisher die ganze Zeit aufmerksam aufwärts gegangen, dem Gipfel näher und nun sind wie oben angekommen und jetzt laufen wir bis zum Ende auf einem wunderschönen Plateau. Stimmt Steffi, so kann man es auch betrachten. Ehrlich gesagt sehe ich immer die Zugspitze und dass es auf der anderen Seite nur noch bergab geht. Ich muss sagen, ich mag mich heute. Ich habe mich zur einer Frau entwickelt, die hoffentlich ganz erträglich ist, soziale Kompetenz hat, einen guten Job macht und (wie ich finde) auch noch ganz ok ausschaut. Mit Anfang 30 hatte ich zwar weniger Falten, aber ich hatte auch meinen Platz im Leben noch nicht richtig gefunden. Ich war wirklich lange ein ziemlich verzogener Fratz und bin sehr dankbar, dass ich die Kurve gekriegt habe. Ich mag auch die Falten, die schmerzenden Füße und Augen. Die Falten sind Erinnerung an Liebe, Schmerz, Glück und Unglück.  Ohne meine schmerzenden Füße könnte ich mich an meine kleine Karriere als Turnerin nur noch schemenhaft erinnern. Zu den Augen fällt mir nichts plausibles ein … Die Veränderung unserer Körper und die kleinen Zeichen des Alters sind die Summe der Addition „Leben“. Was mich immer mal wieder bedrückt, ist, dass ich diese Addition so liebe und es wirklich doof finde, dass am Tag X nichts mehr zu dieser Addition hinzuzufügen ist.

Ich habe immer mal wieder Angst davor, dass mein Weg irgendwann zu Ende ist. Aber ich liebe dieses Leben so sehr, dass ich in diesen Momenten beschließe, der Angst entgegenzuwirken, indem ich jeden Tag lebe, liebe und genieße, als sei er der Letzte. Darin bin ich nicht immer perfekt, aber es zahlt sich aus, sich unbändige Mühe zu geben.

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